Es ist Samstag, der 21. Juli 07, einer jener Tage, an denen die Radiosender fortdauernd anraten, jedwede sportliche Freizeitaktivität sein zu lassen. Das klingt zwar unbotmäßig übertrieben, entbehrt aber im grunde doch nicht eines Funkens an Wahrheit, wie sich später herausstellen wird, als es dann heisst, am sog. "Stierwoschboden", mitten im Ötscher Naturpark, werden +38 Grad gemessen.

Ich befinde mich bereits 25 km in der ersten Etappe des Ötscher Ultramarathons, die mit 1'850 Höhenmetern insgesamt in einem "Rundkurs" von Lackenhof 50 km wieder an den Ausgangspunkt zurückführt. Bislang lief alles nach Plan. Im hintersten Fünftel des vermutlich kleinsten Teilnehmerfeldes der letzten Jahre gestartet, laufe ich ohne unnötige Anstrengungen im ruhigem Tempo dahin, die wunderschöne Naturlandschaft genießend. Einzig aufpassen muss man, dass man nicht zu sehr in Trance kippt, weil die Markierungen, die anfangs an den mit Fahrzeugen zugänglichen Passagen des Kurses noch überreichlich vorhanden waren, immer rarer werden, und mitunter an einigen wesentlichen Gabelungen gänzlich fehlen. Die Veranstalter werden nachher sagen, dass diese über Nacht entfernt worden sein müssen. Alleine auf Plastikbänder zu setzen, mit kaum Bodenmarkierungen ist aber auch etwas unprofessionell. Ansonsten wird sich aber herausstellen, dass die Organisation recht gut funktioniert, und v.a. die Obsorge für jeden einzelnen Läufer von Streckenposten zu Streckenposten lückenlos getrimmt ist. Insofern ist der kurze Umweg mangels der fehlenden Markierung auch schnell wieder vergessen.

Ich nähere mich der 30 km - Labestelle, wo sich der einzige Zeit-Cut-off-Punkt befindet. Mit 3:40 Std. passiere ich mit gutem Polster das 4h-Limit für diesen Punkt und fühle mich noch relativ "frisch" für den außergewöhnlichen Hitzetag.

Animiert schaue ich mir bewusst die gebirgige Landschaft mit seinen Canyons an, durch den einen jetzt der Kurs flussaufwärts führt. Langsam beginne ich nun aber auch zu realisieren, was die letzten Streckenposten immer betonter meinten, als sie von dem "Backofen" der Ötschergräben sprachen. Jetzt nämlich führt der Pfad entlang den vom Fluss eingeschnittenen Canyonwänden an der Seite flusswärts. Die Sonneneinstrahlung ist hier sehr hoch und mir scheint, die Felswand strahlt die Wärme noch zusätzlich zurück. Die letzten 5 km muss ich wohl richtig geschwitzt haben, wie die ganze Strecke davor zusammen. Noch ahne ich aber nicht richtig, was die Konsequenzen später sein werden. Bei den nächsten Labestellen bei km 35 und 40 "tanke" ich zwar nochmals viel Wasser, merke aber auch schon, wie schwierig es für den Köroper ist, das ganze auch so schnell wieder aufzunehmen, dass es regenerierend wirkt. Beim letzten Anstieg des Kurses dann auf den Riffelsattel hinauf, würde ich am liebsten auf allen vieren vorwärtsmachen. Nach unendlich langer Zeit, wie es mir scheint, erreiche ich die Labestelle auf der Sattelhöhe, von wo es dann die letzten Kilometer wieder relativ gradlinig fast 500 HM zurück nach Lackenhof geht. Ausgepowert, aber dennoch in relativ gutem Zustand komme ich ins Ziel. Die schnellen waren vermutlich alle schon bei der Pasta Party und sind schon im Bad ......

Ich dagegen nutze die Zeit nun für ein kurzes "Eis-Bad" im nahe gelegenen Fluss, und fahre dann weiter zum Lunzer See und dann nach Gaming in die Pension. Schließlich wartet ja am Sonntag noch eine weitere Etappe.

Am Sonntag morgen präsentiert sich nun die Wetterlage von einer ganz anderen Seite: wolkenverhangene Ötschergipfel und schwere Regenwolken trüben die Euphorie vor dem Start etwas. Es scheinen auch nur relativ wenige zum separat gewerteten Berglauf nur am Sonntag gekommen zu sein. Kurz vor dem Start fängt es auch dann noch zu regnen an, und die Rennleitung beschließt aus Sicherheitsgründen, die Haute-Route auf eine "sanftere" Variante zu verlegen, weil oben keine Sicht mehr vorhanden war. Das bedeutet dann konkret eine von 22 km knapp unter 20 km reduzierte Streckenlänge und ein paar Höhenmeter weniger am zweiten Tag. Dennoch entwickeln sich aber die Bedingungen nach Laufbeginn immer besser und eigentlich ist es für den Anstieg auf den Berg nach einer längeren Runde in mittlerer Höhe auf Forstwegen geradezu ideal "kühl" und man kann sogar ein wenig aufs Tempo drücken, wenn man Lust dazu hat. Nach einem längeren Anstieg, meiste Zeit auf Forst-Schotterstrasse und zum Schluss auf einem Steig, wird schon der Wendepunkt erreicht, wo natürlich alle Startnummern abgehakt werden. Dann geht es praktisch diridissima wieder runter nach Lackenhof. Das haut nochmals ordentlich rein in die geplagte/n Muskulatur und Gelenke, macht aber dennoch ordentlich Spass, die letzten der 70 Kilometer auch die schnellsten sein zu lassen.

Halbwegs zufrieden erreichte ich das Ziel und gönne mir gleich eine ordentliche Mahlzeit. Zuviel der Powerbars etc. hatte ich in den letzten 30 Stunden zu mir genommen. Nach einem weiteren abschließenden Kältebad im Fluss, begebe ich mich nach einem ausgefüllten Wochenende auf die Heimfahrt.